Von den einen als das endgültige Ende der Fußballromantik verschrien, für andere der Heilsbringer für einen faireren Sport, für die meisten irgendwas dazwischen. Die Rede ist vom Video Assistent Referee – kurz VAR. Seit nun mehr fünf Jahren ist dieser in der ersten deutschen Bundesliga im Einsatz. Bis heute wird das Thema kontrovers diskutiert. Wenn es nach der FIFA geht, soll in den kommenden Jahren eine Einführung auch auf den unteren Ligaebenen möglich sein. Der VAR im Amateurfußball? Es klingt wie eine sportliche Utopie, aber die ersten Pilotprojekte laufen bereits. Alles Wissenswerte rund um diese Idee findest du in diesem Artikel.

VAR im Amateurfußball: Die Lösung soll „VAR light“ heißen

Das berühmte Signal, die häufig etwas längere Spielunterbrechung und die dazugehörigen fragenden Blicke im Stadion. Jeder Fußballfan kennt das, es geht um den VAR. Bislang ist den deutschen Fußballfans diese Technologie nur aus der 1. und 2. Bundesliga und dem DFB-Pokal sowie den internationalen Pokalwettbewerben bekannt. In Zukunft soll der Videobeweis tatsächlich auch Einzug auf die lokalen Sportplätze erhalten.

Seit rund zwei Jahren arbeitet die FIFA an einem VAR für alle Spielklassen. Die Lösung soll der „VAR light“ sein

Bereits vor knapp zwei Jahren wurde Ende Oktober 2020 bei einer Videokonferenz der FIFA mit 13 Organisatoren konkret über den sogenannten „VAR light“ gesprochen. Dabei soll es sich um eine kostengünstige Alternative zum bekannten VAR-System handeln. Die offizielle Vorstellung des neuen Konzepts gegenüber dem International Football Association (IFAB) folgte ein halbes Jahr später im März 2021. Bei der IFAB handelt es sich um ein internationales Gremium, dass über Änderungen der Fußballregeln berät und diese ebenfalls beschließt. Im Anschluss an das Meeting gab die IFAB grünes Licht, Tests mit dem neuen System im Fußball durchzuführen.

Worum handelt es sich bei dem neuartigen VAR-System?

Insgesamt 157.000 Euro hat jeder Bundesligaverein in der Bundesliga-Saison 2018/19 für den Einsatz des VAR bezahlt. Ein Betrag, der von kaum einem Amateurverein der Republik zu stemmen wäre. Genau an diesem Punkt soll der „VAR light“ ansetzten. Die FIFA hat insgesamt vier Schlüsselfaktoren bei dem Einsatz von VAR-Systemen ausgemacht. Neben den angesprochenen Kosten sind dies die Infrastruktur, das Personal und die Schulungskapazitäten. All diese Aspekte sollen mit dem neuen System deutlich verringert werden. Zwei Ansätze sollen mit dem VAR-Light-Systeme in der Praxis getestet werden, dabei verfolgen beide Teststrategien einen Einsatz von weniger Übertragungstechnik.

Wenn es nach der FIFA geht, sollen die Schiedsrichter in den deutschen Amateurligen bald Unterstützung durch einen VAR bekommen

Es gibt einen Test mit vier bis acht Kameras pro Spiel, der vor allem auf größere Stadien mit einer bereits vorhandenen Infrastruktur abzielt. Dabei soll primär überprüft werden, ob weniger Personal und Technologie notwendig ist. Aufgrund der damit verbundenen Anschaffungskosten wäre diese Option wahrscheinlich nur für die 3. Liga und für einige Klubs aus den Regionalligen umsetzbar. Der andere Test wird mit einem System von einer bis drei Kameras durchgeführt. Ziel ist es festzustellen, ob ein solcher Ansatz aufgrund der deutlich verringerten Kameraperspektiven effektiv und praktikabel ist.

Die Testphase läuft bereits vergangenem Sommer und soll insgesamt über zwei Jahre gehen. Unter anderem wird das VAR-Light-System in der vierten brasilianischen Liga sowie in der dritten französischen Liga und der höchsten Spielklasse der Frauen getestet. Mit endgültigen Ergebnissen ist jedoch nicht vor 2024 zu rechnen. Die Fußballromantiker und Hobbykicker können somit erst mal noch tief durchatmen.

Macht der Videobeweis den Fußball gerechter?

Macht der Videobeweis den Fußball gerechter? An dieser Frage scheiden sich die Geister. Eine neue Studie der Kölner Sporthochschule hat nun gezeigt, dass dies aber rein faktisch der Fall ist. Die Forschenden haben rund 10.000 Spielsituationen aus knapp 2.000 Spielen analysiert und sind zu diesem Entschluss gekommen. Trotz dieser Erkenntnis lässt sich auch weiterhin keine pauschale Antwort auf diese komplexe Frage geben, denn viele Entscheidungen sind in gewisser Art und Weise eine Auslegungssache des Schiedsrichters. Dabei geht es vor allem um Hand- oder Foulspiele, die sich auch mit dem VAR nicht lösen lassen. Somit wird es in der Zukunft weiterhin Diskussionen um den Videobeweis geben.

In einem Punkt ist der VAR dennoch nicht mehr aus dem Sport wegzudenken – bei Abseitsentscheidungen. Diese können anhand der Fernsehbilder und der kalibrierten Linie haargenau entschieden und auch nachvollzogen werden. Mit der halbautomatischen Abseitstechnologie, die bei der Weltmeisterschaft in Katar in diesem Winter im Einsatz sein wird, steht womöglich bereits die nächste Verbesserung bevor.

Den VAR gibt es bereits im Amateurfußball

Eine nachträgliche Rote Karte sorgte vor kurzer Zeit für Gesprächsstoff im bayerischen Amateurfußball. Anfang August 2022, am zweiten Spieltag der Bezirksliga Oberbayern, gewann die SC Unterpfaffenhofen mit 2:0 gegen den BFC Wolfratshausen. Klingt erst mal nicht sonderlich spektakulär, wäre da nicht eine Szene gewesen. Nach rund 25 Minuten versetzte der Kapitän der Heimmannschaft seinem Gegenspieler einen Kopfstoß. Eine klare Rote, aber das Schiedsrichtergespann hatte diese Szene im Eifer des Gefechts nicht mitbekommen. So blieb die Aktion zunächst ungeahndet.

Erst knapp eine Woche nach der Begegnung wurde der Spieler nachträglich vom Sportgericht für fünf Spiele gesperrt. Der BFV Wolfratshausen hatte nämlich direkt im Anschluss an das Aufeinandertreffen Beschwerde beim Verband eingelegt. Mit Erfolg, denn Unterpfaffenhofen verfügt über ein festinstalliertes Kamerasystem im Stadion, wodurch der Spieler nach Sichtung der Bilder überführt werden konnte.

Trotz der gerechten Verurteilung herrscht Unmut beim SC Unterpfaffenhofen, und zwar nicht aufgrund dieser Tatsache, sondern der Ungleichverteilung: „Bei den Mannschaften, die diese blöde Kamera auf dem Platz haben, wird sie als Beweis hergenommen, bei den anderen bleiben solche Aktionen unbemerkt“, so SC-Trainer Franco Simon gegen über der SZ. Rund 270 solcher Kamerasysteme gibt es auf den bayerischen Sportplätzen. Im Verhältnis zur Anzahl der Vereine deutlich zu wenig.  Das sorgt dafür, dass lediglich die Vereine darauf zurückgreifen können, die solch ein System haben. Die Lösung wäre laut Simon simpel: „Dann muss der Verband gleiche Bedingungen schaffen und jedem Verein die Kamera zahlen.“

Den Sport würde es definitiv ein Stück weit gerechter machen, aber für den Verband wäre das aufgrund der hohen Kosten nicht umsetzbar und gleichzeitig müssten auf jedem Sportplatz die gleichen infrastrukturellen Bedingungen herrschen, die für solch ein System von Nöten sind.

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Somit wird auch der „VAR light“ von der FIFA zunächst einmal eine Utopie bleiben, die womöglich in Zukunft irgendwann möglich sein wird. Bis dahin gibt es deutlich größere Probleme im Amateurfußball, das fängt bereits bei dem Schiedsrichtermangel an. Den Fußballromantiker wird es freuen, bleibt die Idylle des Amateurfußballs weiterhin bewahrt vor den Fängen des modernen Fußballs.

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