In wenigen Tagen startet das wohl kontroverseste Fußballturnier, das es bisher gab – die Fußballweltmeisterschaft 2022 in Katar. Zum ersten Mal in der Geschichte des Fußballs wird eine Weltmeisterschaft im Nahen Osten ausgetragen. Zum ersten Mal im Winter. Damit ist dieses Turnier schon vor dem Start etwas Besonderes. KICK.TV wollte von Amateurspielern und der Community wissen, wie ihre Meinung zu dieser außergewöhnlichen WM ist und ob der Amateurfußball von der Winter-WM profitieren könnte.

Von Mirko Schöbel

Das Sportliche rückt in den Hintergrund

Die Fußballweltmeisterschaft 2022 in Katar ist nicht nur aufgrund seiner Austragung im Winter und im Nahen Osten eine besondere. Selten war ein Fußballturnier vor dem Start so politisch aufgeladen, wie dieses. Angesichts der anhaltenden Korruptionsvorwürfe bei der Vergabe, der tausenden Toten Stadionarbeiter, diverser Menschenrechtsverletzungen im Land und noch vieler weiterer Negativbeispiele rückt das Sportliche bei vielen Fußballfans in den Hintergrund. Bereits im Vorfeld der Weltmeisterschaft zierten in vielen Bundesligastadien „Boycott Qatar“ Transparente die Kurven der Stadien. Aufgrund der politischen Dimension der WM werden in den meisten deutschen Städten keine großen Public Viewing Events stattfinden und diverse Kneipen sprechen sich gegen Austragungen der Spiele aus. WM-Stimmung, wie man sie von vergangenen Turnieren kennt, sieht anders aus.

Die Weltmeisterschaft im Winter – Fluch oder Segen für den Amateurfußball?

Eine weitere Besonderheit der diesjährigen Weltmeisterschaft in Katar: Da dieses Turnier im Winter stattfindet, läuft der Spielbetrieb, anders als bei einer Sommer-WM, unterhalb der dritten Liga weiter. Könnten die deutschen Amateurvereine, aufgrund fehlender Public Viewing Angebote und der vielen Boykottaufrufe, am Ende von dieser Weltmeisterschaft profitieren? Oder fehlen die Zuschauer auf den Amateurplätzen in den nächsten Wochen, weil lieber WM geguckt wird? KICK.TV hat bei Amateurspielern und bei unserer Community nachgefragt, wie sie zur WM in Katar stehen und ob sie durch die WM eventuell mehr oder weniger Amateurfußball gucken werden.

Levin Schweiger, VfL 07 Bremen II

Der Innenverteidiger des Kreisligisten VfL 07 Bremen II ist bereits seit frühen Kindertagen begeisterter Fußballfan. Wenn er selbst nicht spielt, verfolgt er gerne die Bundesligaspiele von Werder Bremen im Fernsehen oder im Weserstadion. Auf die Weltmeisterschaft in Katar kann Levin Schweiger jedoch verzichten.

„Man sieht an dem Beispiel Katar relativ deutlich, dass die entscheidenden Personen im Fußball mittlerweile der Meinung sind, sich im Namen des Fußballs alles erlauben zu können. Und mich stört es, dass sie immer wieder damit durchkommen“, meint der 24-jährige Abwehrspieler. „Ich finde es wichtig, dem Fußball wieder seine Grenzen aufzuzeigen. Als Fan habe ich in den letzten Jahren noch vieles mitgemacht, jedoch wurde mit der WM in Katar eine Grenze überschritten, die ich persönlich nicht unterstützen will.“

Levin Schweiger: „Ich habe einfach keinen Bock auf die WM“

„Ich kann nicht wirklich sagen, ob es die Menschenrechtslage, der Winter oder einfach das Land Katar sind oder einfach die Tatsache, dass eine Weltmeisterschaft mitten in der Saison stattfindet. Vielleicht sind es auch einfach alle Faktoren, die da zusammenspielen, aber ich habe das erste Mal wirklich keinen Bock auf eine WM“, resümiert der Kreisligaspieler. „Auch wenn ich auf den Fußball und auf die verschiedenen Spieler in den Nationalmannschaften an sich schon Lust hätte. Aber das wäre wirklich das einzig Positive gegenüber diverser Negativpunkte.“

Der Werder-Fan wird sich zwar an keiner Protestaktion gegen die Weltmeisterschaft beteiligen, jedoch ebenso kein einziges Spiel der WM angucken. „Ich hoffe, dass die Zuschauerquoten, zum Beispiel in Deutschland, niedriger als bei anderen Weltmeisterschaften sein werden. Damit endlich gemerkt wird, dass man nicht alles mit dem Fußball machen kann“. Er merkt aber ebenso an, „dass es vermutlich nicht reichen wird und die Zuschauerquoten weltweit wahrscheinlich trotzdem hoch genug sein werden.“

Perfekte Voraussetzungen, um mehr Amateurfußball zu gucken? „Da ich eh schon gerne am Spielfeldrand stehe, um mir die Spiele der ersten Herren anzugucken, werde ich dies weiterhin tun. Ansonsten werde ich die Vorweihnachtszeit auch mal ohne Fußball genießen.“

Leena Stahl, HSV III

Seit Kindestagen hat der Fußball, nicht nur als Hobbyfußballerin, einen hohen Stellenwert im Leben von Leena Stahl. Als lizenzierte Athletiktrainerin ist sie auch beruflich eng mit dem Fußball verbunden. Freut sie sich also, auch angesichts der kalten Jahreszeit, auf das größte Fußballturnier der Welt?

„Eine WM im Winter? Bei mir kommt da kein WM-Fieber auf. Egal in welchem Land“, meint die zentrale Mittelfeldspielerin. Jedoch ist die Jahreszeit nur ein kleiner Kritikpunkt an dieser Weltmeisterschaft. „Generell sollten auch kleinere Nationen die Chance bekommen, die WM auszutragen. Die Entscheidung für die Austragung in Katar ist aber definitiv nicht auf sportliche Art und Weise gefallen, sondern lediglich aufgrund von Geldgebern. Wenn ein komplettes Land unter menschenunwürdigen Verhältnissen umgekrempelt werden muss, dann ist der Nutzen der WM definitiv nicht mit den negativen Aspekten ins Verhältnis zu setzen.“

Leena Stahl: „Ich gucke zumindest die deutschen Spiele“

Vor allem der Umgang mit den Menschenrechten im Ausrichterland, missfällt der 25-jährigen: „Wenn Europa gerade einen Schub an Akzeptanz und Normalität für die LGBTQ-Community erlebt, dann ist es reine Heuchlerei und Geldmacherei in Katar anzutreten, wo Menschenrechte mit Füßen getreten werden“. Weiter merkt die Landesligaspielerin an: „Es wäre sinnvoll, den Ansichten der katarischen Regierung die Stirn zu bieten und durch die hohe Aufmerksamkeit der WM, die sozialen Missstände in diesem Land anzusprechen und zu bekämpfen. Die Austragung in Katar ist aber weniger sinnvoll, wenn diese Missstände toleriert werden“. Die Kritik an der Austragung möchte die Mittelfeldspielerin zwar nicht über Protestaktionen zum Ausdruck bringen „aber ich werde klar meine Meinung dazu äußern, wenn das Thema in Gesprächen fällt.“

„Ich werde mir die Deutschlandspiele, die durch die verschiedenen Anstoßzeiten beruflich möglich sind, anschauen“, prognostiziert die Athletiktrainerin. „Und eigentlich keine anderen Spiele, außer wenn in den Entscheidungsspielen ein Topspiel dabei ist, welches aus Trainersicht relevant zum Lernen sein könnte“. Den Amateurfußball wird die HSV-Spielerin während der WM auf jeden Fall nicht vernachlässigen und „genauso viel wie jetzt auch gucken.“

Athanasios Giannakis, HFC Falke

Athanasios Giannakis: „Ich freue mich auf die WM“

Ein Leben ohne Fußball wäre für Athanasios Giannakis „unvorstellbar“. Seit der Saison 2021/22 geht er für den HFC Falke in der Bezirksliga Hamburg-Nord auf Torejagd. Als leidenschaftlicher Fußballspieler freut sich der Angreifer schon auf die Weltmeisterschaft und auf den schönen Fußball, der zu sehen sein wird. Jedoch sieht der griechische Stürmer ebenso die negativen Seiten des Turniers: „Ich finde es ein bisschen schade, dass die WM aufgrund des Geldes in Katar stattfinden wird und ich bin enttäuscht darüber, dass Politik und Fußball vermischt werden.“

„Ich werde versuchen alle Spiele der deutschen Nationalmannschaft zu sehen. Ansonsten versuche ich vor allem die Spiele der Brasilianer zu gucken, da ich die brasilianische Art, Fußball zu spielen, sehr mag“, sagt der HFC Falke-Spieler. Er möchte sich während der Weltmeisterschaft vor allem auf die sportliche Seite konzentrieren und sich an keinen Protestaktionen gegen die Weltmeisterschaft beteiligen.

Aber auch trotz der vielen WM-Spiele, die sich der 22-jährige angucken möchte, soll der Amateurfußball nicht zu kurz kommen. „Ich werde bestimmt auch während der Weltmeisterschaft ein paar Spiele im Amateurfußball gucken. Eventuell sogar mehr als sonst, da der Ligabetrieb im Profibereich in den nächsten Wochen pausiert. Mir macht es richtig Spaß Fußball zu spielen oder zu gucken. Egal ob im Amateur- oder Profibereich.“ 

Ihr habt abgestimmt

Und wie steht unsere Community zu der Thematik rund um die Weltmeisterschaft und den Amateurfußball während der Zeit? Am Wochenende gab es die Möglichkeit über Instagram abzustimmen. KICK.TV wollte wissen, ob ihr euch die Weltmeisterschaft in Katar anguckt und ob ihr eventuell sogar mehr Amateurfußball, während der WM schauen werdet.

An der ersten Umfrage haben sich 346 User beteiligt und ihre Stimme abgegeben. Von den 346 fußballbegeisterten Fans lehnen nur 24 Prozent die Weltmeisterschaft in Katar ab und möchten diese nicht gucken. Die Hälfte der abgegebenen Stimmen, fiel auf „Ja ich werde die WM in Katar gucken“. Die restlichen 26 Prozent wollen sich nur die Deutschlandspiele in den nächsten Wochen angucken.

Bleibt da noch Zeit, um Amateurfußball zu gucken? 56 Prozent der User möchten während der Weltmeisterschaft sogar mehr Amateurfußball gucken. Das könnte auch daran liegen, dass der Ligabetrieb im Profibereich pausiert.

Der echte Fußball aus nicht klimatisierten Stadien – Nur bei KICK.TV

Ob durch die Winter-WM mehr Zuschauer zu den Amateurplätzen pilgern, kann erst in den kommenden Wochen beantwortet werden. Eine andere Frage kann jedoch vor dem Turnierstart beantwortet werden: Wenn du die WM nicht gucken möchtest oder zwischen den WM-Spielen, echten Amateurfußball sehen willst, bist du bei KICK.TV genau richtig. Auf unserer Video-Plattform findest du nicht nur spannende Spielzusammenfassungen, exklusive Hintergrundberichte und Interviews, sondern noch viel mehr. Nur hier findest du das Rundum-sorglos-Paket in Sachen Amateurfußball.