Der Videobeweis im Fußball, besser bekannt unter seiner Abkürzung VAR, ist auch nach seiner Einführung vor mehr als fünf Jahren ein fester Bestandteil hitziger Fußballdiskussionen. Bisher sind diese Diskussionen vor allem aus dem Profibereich bekannt. Jedoch könnten sie in einigen Jahren ebenso an Spieltagen der Amateurmannschaften omnipräsent sein. Die FIFA plant einen „VAR light“ für die Ligen unterhalb der 2. Bundesliga. KICK.TV hat Spieler, Trainer und Schiedsrichter aus dem Amateurbereich diesbezüglich nach ihrer Meinung gefragt.

Von Milan Ott, Sergio Hackmann Olaya und Mirko Schöbel

Auch am vergangenen Spieltag der Bundesliga wurde wieder einmal über den Videobeweis im Fußball diskutiert. Besonders das Spiel der Eintracht aus Frankfurt gegen Borussia Dortmund hatte es dabei in sich und lieferte eine große Portion Gesprächsstoff, über den Sinn des VAR. Könnten wir im Amateurbereich in einigen Jahren nach einem Spiel zweier Landesligisten eventuell gleiches erleben?

Bereits im August wurde ein Spieler in der Bezirksliga Oberbayern eine Woche nach dem Spiel gesperrt. Grund hierfür war eine Tätlichkeit, die von Videobildern während des Spiels erfasst wurde. Hinzu kommt, dass die FIFA schon seit Oktober 2020 mit der Einführung eines „VAR light“ im Amateurfußball liebäugelt. Mehr zu den Ereignissen in der Bezirksliga Oberbayern und zum „VAR light“ findest du hier.

Doch was sagen eigentlich die betroffenen Personen im Amateurbereich zu der Einführung eines „VAR light“? KICK.TV hat jeweils einen aktiven Spieler, Trainer und Schiedsrichter nach ihrer Meinung zu einem Videobeweis im Amateurbereich gefragt:

Marc Bölter, Mittelfeldspieler bei Eintracht Norderstedt

Marc Bölter, Spieler des Regionalligisten Eintracht Norderstedt, steht dem VAR „generell sehr positiv“ gegenüber. Durch den VAR wird „das Spiel fairer, gerade bei strittigen Szenen wie Abseits, Elfmeter, Handspiel, gelber oder roter Karte“, meint der Mittelfeldspieler, der letztes Jahr noch in der fünftklassigen Oberliga für Concordia Hamburg spielte.

Marc Bölter wechselte Anfang dieser Saison zur Eintracht Norderstedt

Im Amateurbereich sieht der 19-Jährige dagegen eher Herausforderungen: „Als Amateurspieler gibt es auch einige Szenen, bei denen man den VAR gerne gehabt hätte und es würde das Spiel gerechter machen. Jedoch wird es für die Vereine schwer bis unmöglich umzusetzen“. Das bringt den Norderstedt-Neuzugang zu dem Urteil, dass der VAR „im Profibereich ab der dritten Liga völlig ausreichend ist, da der Amateurfußball nicht diese Relevanz wie der Profibereich hat.“

Für ihn als Spieler auf dem Platz würde sich durch den Videobeweis im Amateurbereich aber nicht viel ändern: „Ich glaube, als Spieler kriegst du das gar nicht so mit. Du bist in deinem Tunnel, du hast deine Aufgaben, die du im Spiel erledigst. Du bist voll fokussiert auf das Spiel. Da denkst du nicht dran, dass da gerade eine Kamera sein könnte.“

Angesprochen auf die Szene aus der Bezirksliga Oberbayern, vertritt der Regionalligaspieler eine klare Meinung: „Die Entscheidung über die Sperre sei vollkommen richtig“, denn „Tätlichkeiten sind ein No-Go und ich würde es gut finden, wenn das weiterhin so umgesetzt wird oder neu kommt, dass Spieler nachträglich mit Videobildern bestraft werden können.“

Markus Agrikola, Trainer der U19 DJK Don Bosco Bamberg

Markus Agrikola trainiert seit dieser Saison die U19 der DJK Don Bosco Bamberg

Markus Agrikola trainiert seit dieser Saison die U19 der DJK Don Bosco Bamberg in der A-Junioren Landesliga Bayern Nord. Für ihn ist der VAR im Profibereich „in vielen Situationen sehr hilfreich“. Weiter merkt der A-Junioren Trainer an, dass „gewisse Entscheidungen deutlicher erkannt werden und dementsprechend gehandelt wird. Auch wenn dadurch die Emotionen, wie in der Vergangenheit, fehlen.“

Kann der Videobeweis also auch im Amateurfußball hilfreich sein? Der Don Bosco Trainer sagt: „Davon halte ich ehrlich nichts. Man würde da zu weit gehen und sollte es bei drei Schiedsrichtern belassen. Der Spielfluss würde deutlich darunter leiden. Viele Entscheidungen werden angezweifelt, da das Niveau hier nicht so hoch ist.“

Dies würde dem Jugendtrainer zur Folge dazu führen, dass „in strittigen Entscheidungen in den unteren Ligen auf den VAR hingewiesen und mit Druck auf ihn bestanden wird. Dadurch kommt es zu sinnlosen Diskussionen während und nach dem Spiel.“

„In den oberen Ligen ab der Regionalliga würde der VAR in einigen Situationen sicher Sinn ergeben“, meint der Trainer aus Bamberg. In den unteren Ligen jedoch „wurde vom Schiedsrichter die Entscheidung getroffen und fertig.“

Nils-Rene Voigt, Kreisschiedsrichterlehrwart aus Hannover, tätig für Hannover 96

Was ist die Meinung eines Schiedsrichterlehrwarts, der an den Wochenenden selbst Fußballspiele im Amateurbereich leitet?

„Grundsätzlich bin ich neutral eingestellt. Alles hat seine Vor- und Nachteile. Der VAR hat dem Sport meines Erachtens schon ein wenig den Zauber genommen, auch mal etwas akzeptieren zu können, was offensichtlich falsch war. Dennoch möchte natürlich keiner falsche Entscheidungen“, erzählt der Unparteiische, der für Hannover 96 vor allem in der Landesliga Spiele pfeift. Für ihn ist „der VAR im Profifußball angesichts der fließenden Millionenbeträge die logische Konsequenz, um möglichst viele Fehler auszuschließen.“

Nils-Rene Voigt leitet Spiele in der Landesliga

Hingegen für den Amateurfußball sieht der Kreisschiedsrichterlehrwart keine „zwingende Notwendigkeit, da jeder Schiedsrichter in den Verbandsspielklassen genug Qualität hat, um ein Spiel fast fehlerfrei über die Bühne zu bekommen“. Ein Videobeweis, der wie im Profifußball ins Spielgeschehen eingreift, würde da nicht weiterhelfen, meint Voigt: „Fehlentscheidungen wird es immer und überall geben, ob mit oder ohne VAR, genauso wie die Spieler Fehlpässe machen oder das leere Tor nicht treffen. Die Qualität einer Entscheidung hängt eher von der Ausbildung und Erfahrung des Schiedsrichters ab. Umso mehr das im Einklang steht, desto weniger schwere Fehler passieren.“

Viel wichtiger sei es als Amateurschiedsrichter „seine Wahrnehmung, Erfahrung und Intuition zu nutzen und sich nicht zu sehr auf die Technik zu verlassen, die jederzeit ausfallen kann“. Ohnehin würden „viele Schiedsrichter der Generation 60+ dieses Hilfsmittel kaum nutzen, wenn es zur Verfügung stünde und auch die Kosten für Aufnahme- und mobile Abspielgeräte sind sicher nicht zu unterschätzen“, meint der Landesligaschiedsrichter aus Hannover.

Und was ist indes mit einem Videobeweis, der einen Spieler auch nach dem Spiel für Tätlichkeiten bestraft? Diesbezüglich hat der 39-Jährige abschließend eine klare Meinung: „Wer sich dazu hinreißen lässt, muss mit einer möglichst hohen Strafe gesperrt werden. Wir müssen unseren Sport sauber bekommen und da darf gutes Benehmen nicht die Ausnahme bleiben. Von allen anderen, die diese Werte aufgrund falschen Ehrgeizes nicht beherzigen, können wir uns gerne trennen!“

Der echte Fußball ohne Videobeweis – Nur bei KICK.TV

Wenn es nach Marc Bölter, Markus Agrikola und Nils-Rene Voigt geht, braucht der Amateurfußball in den nächsten Jahren keinen Videobeweis mit Spielunterbrechungen. Wenn du in den nächsten Jahren den Amateurfußball mit echten Emotionen und ohne Videobeweis erleben möchtest, bist du bei KICK.TV richtig. Auf unserer Video-Plattform findest du nicht nur spannende Spielzusammenfassungen, exklusive Hintergrundberichte und Interviews, sondern noch viel mehr. Nur hier findest du das Rundum-sorglos-Paket in Sachen Amateurfußball.