In den 70er-Jahren war der SSV Ulm 1846 noch der mitgliederstärkste Verein Deutschlands. Seitdem hat sich bei dem baden-württembergischen Traditionsverein viel getan. Die Geschichte des SSV Ulm ist eine von Spaltung und Vereinigung, aber auch eine von großen Erfolgen und herben Rückschlägen. Begleite uns im heutigen Vereinsporträt auf eine Reise in die Geschichte der im Volksmund „Spatzen“ genannten Ulmern. Und erfahre, welche Rolle deutsche Fußballgrößen wie Ralf Rangnick, Thomas Tuchel oder die Hoeneß-Brüder im Verein spielten.

175 Jahre SSV Ulm 1846

Im September 2021 feierte der Traditionsverein der Münsterstadt sein 175. Jubiläum. Der Volkssport spielt aber erst seit Ende des 19. Jahrhunderts eine Rolle im regionalen Sportwesen. Der Privatturnverein Ulm (PTV) war der Vorreiter der sportlichen Revolution in Ulm. Nach dem Vorbild des PTV zogen immer mehr Ulmer Vereine nach und eröffneten auch Fußballabteilungen. Der erste reine Fußballverein in Ulm entstand, nachdem sich die Fußballer des PTV Ulm abspalten und den Ulmer Fußballverein 1894 (UFV 94) gründeten.

Mit eigenem Sportplatz und dem Monopol als erster Fußballverein der Münsterstadt lockte der Verein schon in den 10er-Jahren mehrere Tausend Zuschauer an. Der UFV 94 war nicht mehr zu stoppen und stieg 1936 in die Gauliga, damals Deutschlands höchste Spielklasse auf.

Vor 25.000 Zuschauern – Die TSG Ulm, Vorreiter des SSV

Nach mehreren Fusionierungen aus unterschiedlichen Ulmer Vereinen entstand die TSG Ulm. Auch der neu geformte Klub begeistert die Fußballfans der Donaustadt. Im April 1948 verfolgen über 25000 Tausend Zuschauer das Oberligaspiel gegen den 1. FC Nürnberg. Die höchste Zuschauerschaft, die das Ulmer Stadion jemals besucht.

Zu dieser Zeit steht zwischen den Pfosten der TSG ein späterer Weltmeister. Beim Wunder von Bern spielte Toni Turek die vollen 90 Minuten. Der Weltmeister verbrachte 5 Jahre in der Münsterstadt und brachte es auf 20 Länderspiele.

Die letzte Oberliga-Saison

Die letzte Oberliga-Saison der TSG wurde noch einmal furios. Es gab hohe Zuschauerquoten und bedeutende Siegen über lokale Rivalen. Die Württemberger überrollten den BC Augsburg mit 8:1, demontierten Bayern München mit 6:1 und besiegten 1860 München in einem dramatischen 6:5. Die Saison endete mit einem überzeugenden achten Platz.

Trotz der guten Platzierung qualifizierte sich die TSG, nach der Gründung der Bundesliga, nur für die Oberliga Süd. Da man nicht mehr erstklassig spielte, lag im Verein der Fokus also primär beim Breitensport.

Die Fusionierung, die zum SSV Ulm 1846 führte

Der große fußballerische Erfolg kommt erst Jahre später wieder an die Donaustadt, durch die Fusionierung der TSG Ulm 1846 und des 1. SSV Ulm am 05. Mai 1970. Der neue Verein ist der SSV Ulm 1846. Der Traditionsklub, wie wir ihn heute kennen, ist geboren. Durch die Vereinigung zählt der Verein 8.300 Mitglieder und wird daher zum mitgliederstärksten Verein Deutschlands. Man ist bereit für einen erneuten Anlauf an die deutsche Fußballspitze.

Die Hoeneß-Brüder

Zu dieser Zeit spielen auch zwei spätere Fußballgrößen für die Spatzen. Uli Hoeneß wechselt zwar, bevor er ein Spiel in der ersten Mannschaft absolvieren konnte, zu Bayern München. Jedoch verbrachte Dieter Hoeneß fünf Jahre bei der SSV Ulm. Zusammen gewannen die Brüder Unmengen an Titel, darunter eine weitere Weltmeisterschaft in 1974, bei welcher auch Uli Hoeneß das Finale durchspielte.

Der SSV Ulm 1846 auf Bundesliga-Mission

Nach der Fusionierung spielte man nur noch in der 1. Amateurliga, doch der Aufstieg in die ersehnte Oberliga Baden-Württemberg ließ auf sich warten. Ganze acht Spielzeiten dauerte es, bis man die damalige Drittklassigkeit erreichte. Doch der SSV Ulm 1846 hatte größere Ziele. Eine weitere phänomenale Saison folgte. Am Anfang der 1979/80 Saison fand man sich in der 2. Bundesliga Süd wieder. Diese war zu dieser Zeit zweigleisig aufgeteilt in Nord und Süd.

Noch weiter nach oben ging es in den 80er-Jahren nicht. Regelmäßige Ab- und Wiederaufstiege aus der 2. Bundesliga in die Oberliga folgten. Bis dahin waren die Abstiege kein großes Problem, da der SSV Ulm 1846 immer wieder zurückkam. Doch dann passierte es: Nach einem weiteren Abstieg in der 1987/88 Saison verbrachte der SSV Ulm erstmals wieder sechs Jahre in der Drittklassigkeit. Im kommenden Jahr wird der SSV zwar Meister, verpasst jedoch in der Aufstiegsrunde den Schritt in die 2. Liga.

Ralf Rangnick, die Lösung für Erfolg

Im Winter 1997 dann der Durchbruch. Der 39 Jahre alte Ex-Ulm Spieler Ralf Rangnick wechselt von Erzrivale SSV Reutlingen als Cheftrainer an die Donau. Nur 75 Spiele brauchte der jetzige United Coach, um die Spatzen von der Regionalliga Süd bis in die Bundesliga zu katapultieren. Im März 1988 wird Ralf Rangnick vom VfB Stuttgart abgeworben. Zu dieser Zeit spielen mehrere namhafte Fußballer für die Ulmer, unter ihnen der spätere Lech Posen-Coach Janusz Góra und Chelsea Trainer Thomas Tuchel.

Das langjährige Ziel des SSV Ulm 1846 wurde also erreicht. Erstmals seit der Einführung der Bundesliga in 1963 gab es wieder erstklassigen Fußball in der Donaustadt. Für den abgewanderten Ralf Rangnick übernahm Martin Andermatt. Der SSV Ulm 1846 stellte im Folgejahr den drittjüngsten Bundesligakader der Saison. Trotz scheinbar fehlender Erfahrung schlugen sich die Spatzen gut und belegten am 24. Spieltag nach einem 1:2 Auswärtssieg über den drittplatzierten HSV noch den 12. Platz.

Doch das nächste Spiel sollte richtungsweisend sein. Die Ulmer treffen zu Hause auf Titelanwärter Leverkusen. Die Baden-Württemberger gehen mit 1:9 baden und können in den letzten neun Spieltagen nur noch fünf Punkte einfahren. Die Ulmer landen auf Platz 16, das bedeutet den direkten Abstieg.

Auf Euphorie folgt Ernüchterung – Der SSV Ulm wird durchgereicht

Der SSV hatte Schwierigkeiten, mit diesem Abstieg umzugehen. Ulm belegte in der folgenden Spielzeit wieder Rang 16 und stieg auch aus der 2. Bundesliga ab. Es herrschte Chaos, die Regionalliga-Lizenz wurde verweigert und es folgt der totale Absturz. Die erste Mannschaft wird durch die resultierende Insolvenz aufgelöst. Die zweite Mannschaft tritt im Namen der ersten in der Verbandsliga Württemberg an. Der Verein war im freien Fall. Zwei Jahre zuvor noch Bundesligist, spielt man jetzt in der fünften Liga der Deutschen Fußballpyramide.

Doch alles war nicht verloren, es gab einen Lichtblick: Da der SSV Ulm in der Vorsaison noch in der 2. Bundesliga spielte, waren die Münsterstädter automatisch für den DFB-Pokal qualifiziert, wo sie am 26. August 2001 Geschichte schrieben. Der SSV Ulm 1846 schaffte es als erster Fünftligist, einen Bundesligisten zu besiegen. Mit einem 2:1 gegen den 1. FC Nürnberg retteten sie sich in die zweite Runde, wo sie dann jedoch gegen Vorjahresfinalist Union Berlin ausschieden.

Misswirtschaft in der Münsterstadt

Trotz des historischen Pokalspiels sind die nächsten Jahre nicht von Erfolg geprägt. Zwar gelingt der direkte Wiederaufstieg in die viertklassige Oberliga Baden-Württemberg. Doch das war es fürs Erste, die nächsten sechs Spielzeiten will der Aufstieg einfach nicht gelingen, obwohl der SSV viermal Vizemeister wird.

Nun, in der neu gegründeten Regionalliga, übernimmt ein weiterer namhafter Trainer die Leitung der Mannschaft: Markus Gisdol. Der SSV Ulm spielt in der Regionalliga oben mit, die Spatzen landen mit dem Ex-Bundesliga-Coach auf Rang Sieben. Nach nur einer Spielzeit wird Gisdol von den aufstrebenden Hoffenheimern abgeworben. Die folgende Saison war trotz zwei Trainerwechsel ein grundlegender Erfolg. Man hatte die Vorjahresplatzierung um einen Platz verbessert und beendete die Saison auf Rang Sechs.

Manipulationsverdachte führen zum Zwangsabstieg

Doch die kommende Saison sollte wieder ein herber Rückschlag sein. Es liegen Wett- und Manipulationsverdachte gegen drei Ulmer Spieler vor. Die Spieler, namentlich Davor Kraljevic, Dinko Radojevic und Marijo Marinovic, werden alle gekündigt. Die Vorwürfe führen zum Zwangsabstieg.

Paul Sauter übernimmt das Amt als Cheftrainer und stabilisiert die Spatzen wieder. In der Saison 2011/2012 holt der SSV Ulm die Meisterschaft in der Oberliga. In der Regionalliga gelingt, zur Beruhigung der Fans und Verantwortlichen, der Klassenerhalt. Doch es kommt, wie es kommen musste und die Ulmer Spatzen müssen in der Folgesaison wieder Insolvenz anmelden. Der SSV Ulm ist also wieder da, wo sie angefangen haben: In der Oberliga Baden-Württemberg.

Schaffen die Spatzen die Rückkehr in den Profifußball? Bleib dran mit KICK.TV!

Die letzten Jahre verliefen für Ulmer Verhältnisse reibungslos, der Wiederaufstieg in die Regionalliga Südwest gelang 2016. Seitdem kommt der SSV wieder ins Rollen. Man verbessert sich von Jahr zu Jahr in der Liga-Tabelle und stand 2020/21 auf Platz vier in der Regionalliga. Zudem gewann man ganze viermal in Folge den WFV-Pokal. In der Saison 2018/19 besiegte man im DFB-Pokal zudem den amtierenden Titelträger Eintracht Frankfurt in der ersten Runde sensationell mit 1:0.

Derzeit ist der SSV Ulm 1846 ein Aufstiegskandidat und darf sich reelle Hoffnungen auf die Rückkehr in den Profifußball machen. Mit 46 Punkten aus 22 Spielen grüßt man aktuell von ganz oben der Tabelle. Noch vor FSV Mainz 05 II, Kickers Offenbach und Elversberg. Wenn du wissen willst, ob die traditionsreichen Spatzen den Aufstieg schaffen und wieder zu altem Glanz finden können, dann bleib mit KICK.TV dran. Wir zeigen dir die wichtigsten Spiele der Ulmer, wie das Traditionsduell am 20. Spieltag gegen den FSV Frankfurt.

Noch mehr Fußballvideos rund um Baden-Württemberg findest du auch auf unseren Social-Media-Kanälen bei Facebook, Instagram und YouTube. Wir versorgen dich bei KICK.TV zudem jede Woche mit spannenden Berichten, kommentierten Spielzusammenfassungen und mehr aus allen Ligen Deutschlands. Das ist KICK.TV, die Videoplattform für den echten Fußball.