Am 31. Mai 1903 besiegte der VfB Leipzig den DFC Prag mit 7:2 im ersten Endspiel zur deutschen Meisterschaft. Ausgetragen wurde die Partie auf der Exerzierweide im heutigen Hamburger Stadtteil Bahrenfeld. Seitdem hat sich bei den Fußballstätten in Hamburg einiges getan. Auf der Exerzierweide befindet sich nun ein Gewerbegebiet, einzig ein Gedenkstein erinnert an die bedeutende Spielstätte. Im Volksparkstadion, einer Multifunktionsarena mit Platz für 57.000 Zuschauern, spielt der Hamburger SV. Knapp sechs Kilometer weiter trägt der FC St. Pauli seine Heimspiele im 30.000-Mann-fassenden Millerntor-Stadion aus. Doch wie sieht es bei den größten Amateurfußballvereinen in Hamburg aus?

Momentan spielen in der Regionalliga Nord fünf Hamburger Vereine: Teutonia 05 Ottensen, HSV II, St. Pauli II, Eintracht Norderstedt und Altona 93. Besonders viel Diskussionsbedarf gibt es zwischen Altona, dem Aufstiegsaspiranten aus Ottensen und dem Hamburger Fußball-Verband über ein neues drittligataugliches Stadion in der Hansestadt. Am Montag treffen sich die Vertreter von Stadt, Vereinen und Verbänden zu einem klärenden Gespräch.

Nummer 1 in Hamburg: Das Volksparkstadion vom HSV

Ottensens Drittligatraum

Vor sechs Jahren spielten sie noch in der Landesliga, nun träumen sie vom Drittligaaufstieg. Die Erfolgsgeschichte von Teutonia 05 Ottensen scheint kein Ende zu nehmen. Doch nun warten auf den Stadtteilklub neben den sportlichen Herausforderungen auch einige Hürden neben dem Platz. Denn das Umfeld des Vereins konnte sich nicht so schnell entwickeln, wie die erste Mannschaft aufstieg. Noch immer beschäftigt der Verein, der in den 1920er-Jahren noch in der höchsten deutschen Spielklasse spielte, keinen hauptamtlichen Mitarbeiter.

Hinzu kommt, dass Ottensen bereits in der Regionalliga auf das Stadion Hoheluft vom Oberligisten SC Victoria Hamburg ausweichen muss, da die eigene Spielstätte die Verbandsanforderungen nicht erfüllt. Infrastrukturell hat der Verein in jedem Fall Nachholbedarf. Dennoch hat Teutonia eine Drittligalizenz für die nächste Saison beantragt, obwohl man sich im Zuge des Ukraine-Konflikts nur Stunden zuvor von seinem russischen Sponsor Lukoil getrennt hatte.

Momentan trägt Teutonia 05 Ottensen seine Heimspiele im Stadion Hoheluft von Victoria Hamburg aus

Allerdings könnte Teutonia in der dritten Liga nicht mehr in der Heimspielstätte von Victoria spielen, denn selbst das Hoheluft-Stadion erfüllt die neuen Regelungen für Drittligastadien von 5.001 Zuschauerplätzen mit 2.000 Sitzplätzen nicht. In Hamburg gibt es momentan nur zwei Stadien, die für die dritte Liga zugelassen sind: Das Volksparkstadion und das Millerntor-Stadion. St. Pauli lehnte eine Anfrage von Teutonia bereits ab, die Gespräche mit dem HSV laufen noch. Notfalls müsse man nach Lübeck ausweichen.

Da man aber in Hamburg bleiben möchte, würde der Verein laut dem sportlichen Leiter Liborio Mazzagatti am liebsten selber ein Stadion samt Trainingsinfrastruktur errichten. Die Kosten in Höhe von 40 Millionen Euro würden von Investoren getragen werden, wobei Lukoil nicht involviert sei. Ottensen bräuchte von der Stadt Hamburg nur eine geeignete Fläche. Alternativ schlug der Verein vor, sich am Stadionprojekt von Altona 93 zu beteiligen…

Auch Altona 93 sucht eine neue Heimat

Bereits vor 15 Jahren verkaufte der Altonaer Fußball-Club von 1893 sein traditionsreiches Stadion, die Adolf-Jäger-Kampfbahn, an zwei Wohnbauunternehmen für 9,6 Millionen Euro. Bis 2026 muss der AFC aus seiner Heimat ausziehen, dann sollen dort 300 Wohnungen gebaut werden. Damit endet die Geschichte von Deutschlands zweitältestem funktionstüchtigem Fußballstadion. Der AFC sucht derweil nach einer neuen Heimat.

Die Adolf-Jäger-Kampfbahn wird in Zukunft nur noch in den Köpfen der Fans präsent sein

Geplant ist ein Bau eines gesamten Sportparks in der Nähe des Fernbahnhofes Diebsteich. Neben einem Fußballstadion mit 5.000 Plätzen sollen dort auch Sportstätten für Beachvolleyball, Streetball und Tennis entstehen. Außerdem ist eine Konzerthalle und eine fünf- bis sechsgeschossige Wohnbebauung geplant. Verantwortlich für den Bau wird der zur Finanzbehörde gehörende „Landesbetrieb Immobilienmanagement und Grundvermögen“ sein, doch Altona 93 wird sich auch an den Kosten beteiligen müssen.

„Hamburg benötigt ein Stadion mittlerer Größe“

Mit 5.000 Zuschauern wäre das Stadion zwar für die dritte Liga zugelassen, einen Ausverkauf wird es aber wohl eher selten geben. Denn selbst vor der Corona-Pandemie lag der Zuschauerschnitt von Altona 93 nur bei rund 1.200 Fans. Dennoch fordert der Präsident des Hamburger Fußball-Verbandes Christian Okun ein noch größeres Stadion für rund 10.000 Zuschauer. Auf der HFV-Webseite verkündete er, dass Hamburg ein Stadion mittlerer Größe benötige. Dort könnten neben möglichen Dritt- oder Viertligisten auch die Frauenmannschaften vom HSV und St. Pauli, die U19 vom ETV und die Frauen- und Jugendnationalmannschaften ihre Heimspiele austragen. Außerdem könnte man auch über andere Sportarten wie American Football nachdenken. Diese Idee kommt allerdings nicht überall gut an, was Okun nicht verstehen kann:

„Wenig Verständnis habe ich dafür, dass die Besonderheiten einer Versammlungsstätte mit mehr als 5.000 Zuschauern einfach vom Tisch gewischt und nicht nachhaltig gelöst werden. Die geplanten Bürobauten sollten zu Gunsten von Zuschauerplätzen genutzt werden. Allerdings geht es nicht nur um die Zuschauerkapazitäten. In der öffentlichen Vorstellung der Pläne ist wenig zu den notwenigen Aufstellflächen für Mannschaftsbusse und TV-Übertragungsfahrzeuge gesagt worden. Aus meiner Sicht ergibt ein Stadion ohne Perspektive für Hamburg insgesamt und auch für andere Sportarten und Veranstaltungen kaum einen Sinn. Dass die Vertreter der Stadt nun versuchen, die handelnden Personen aus den Vereinen und den Verband gegeneinander auszuspielen, ist leider sehr traurig.“

Dass Altona 93 eine gemeinsame Stadionnutzung kritisch betrachtet, findet der HFV-Präsident sehr bedauerlich. Er betonte, Altona müsse in jedem Fall die Hauptnutzungsrechte behalten. Dennoch dürfe man eine Mehrfachnutzung allein wegen der Überparteilichkeit des Sports und dem großen Nutzen für den gesamten Bezirk nicht einfach ignorieren.

Sportgipfel steht bevor

Okun wünscht sich einen gemeinsamen Lösungsweg, bei dem der HFV vermitteln soll. Außerdem hofft er auf Unterstützung aus der Politik und der Bürgerschaft. Er fordert einen Sportgipfel, der den Sportstätten-Bedarf übergreifend klärt. Am nächsten Montag wollen zunächst die Vertreter von der Stadt, dem HFV, dem SHFV und Teutonia über die Stadionsituation beraten.

Ob 2026 mehrere Vereine in Altona-Nord spielen, bleibt fraglich. Viel Zeit bleibt den Verantwortlichen auf jeden Fall nicht mehr. Teutonia könnte schon dieses Jahr aufsteigen und würde dann ohne ein drittligataugliches Stadion dastehen. Fest steht bis jetzt nur, dass die Adolf-Jäger-Kampfbahn dem Erdboden gleichgemacht wird, wie damals die Exerzierweide.

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